"Wenn ich nie tanzen konnte, dann kann ich es jetzt, denn es ist schon in mir drin und kommt mir wie ein Zeichen vor."
Und schon wieder klopft der Oktober an die Tür! Die Blätter färben sich bunt und segeln langsam von den Bäumen, die Sonne muss immer öfter dicken grauen Wolken weichen, der Regenschirm wird zu unserem Dauerbegleiter. Waren wir in den Sommermonaten mit Baden, Fahrradfahren und Wandern beschäftigt, wird es im Oktober nun wieder Zeit, die Bücherregale zu durchstöbern und es uns vor dem Kamin gemütlich zu machen. Damit es euch an den regnerischen Tagen nicht langweilig wird, möchte ich Von Männern und Menschen von Olli Jalonen, erschienen im Mare Verlag vorstellen.
Inhalt: Sommer 1972 in der finnischen Provinz: Als sein Vater erkrankt, wird der 17-jährige Erzähler von einem Tag auf den anderen in die Pflicht genommen - vorbei sind die unbeschwerten Tage seiner Kindheit.
Anstatt Krebse zu fangen, verbringt er die Ferienmonate mit dem Bau von Regenrinnen und taucht ein in die bislang fremde und oft raue Welt der Erwachsenen. Doch er Arbeit am Tag folgen lange, warme Abende und Nächte, in denen heimliche Unternehmungen zu Abenteuern ganz anderer Art führen.
Meinung: Von Männern und Menschen war für mich eine gedankliche Zeitreise, die mir große Freude machte und mich in eine Zeit und ein Land versetzte, die ich vorher noch nicht kennen lernen durfte. Olli Jalonen hat den Protagonisten, über den man nicht mehr als den Anfangsbuchstaben und den Fakt, dass er eine Brille trägt, erfährt, gut ausgearbeitet.
Obwohl es manchmal unglaubwürdig wirkt, da die Hauptfigur fast schon makellos dargestellt ist, weckt er schnell mit seiner Großherzigkeit und seinem starken Charakter die Sympathien beim Leser. Besonders die beschriebenen Gedankengänge von ihm haben mir sehr gefallen und dem Roman einen leichten Hauch Melancholie verpasst.
Etwas störend empfand ich es, dass einige Fragen am Ende des Romans offen bleiben. Zum Beispiel, was es mit der anderen Frau und O's Halbschwester auf sich hat, denn dort gibt es sicher eine interessante Geschichte zu. Ebenso bleibt offen wie es mit Karina und dem Protagonisten weitergeht. Natürlich lässt sich all das jedoch nicht in einem Sommer klären.
Obwohl mir der Roman insgesamt gut gefallen hat, hatte ich immer wieder Probleme weiter zu lesen und dem Inhalt zu folgen. Es entstanden für mich einige Längen, vor allem in den für mich zahllosen Gesprächen der Männer über die finnische Politik. Für mich der mit Abstand uninteressanteste Teil des Romans, da ich es trotz der Informationen diesbezüglich im hinteren Teil des Buches nur schwer zu verstehen fand.
Auch die Erzählweise erschien mir manchmal zu ruhig und nicht immer den Situationen und Emotionen angemessen, was sicherlich auch mit dem ruhigen Charakter des Protagonisten zusammenhängt. Für mich war diese stetige Ruhe jedoch teilweise ermüdend. Der Roman beinhaltet immerhin über 500 Seiten und hätte einen stärkeren Spannungsbogen sicher vertragen.
Dennoch hat mit der Roman einige schöne Lesemomente beschert, in denen Emotionen ohne affekthaschende Wörter hervorgerufen wurden. Die Themen Freundschaft, Menschlichkeit und Zusammenhalt sind sicherlich für die meisten Menschen interessant und wurden hier gut vereint, wodurch man keinesfalls das Lesen bereut.